Kurze Geschichte Guatemalas
Guatemala gilt als das Kernland der antiken Mayakultur, welche wohl eine der berühmtesten präkolumbischen Kulturen ist. Die frühesten Anfänge der Kultur und Zivilisation der Maya reichen zurück bis 2000 v.Chr. Die verschiedenen Reiche der Maya besiedelten das Gebiet, was wir heute kennen als südliches Mexiko, Belize, Guatemala, El Salvador und westliches Honduras. Vor allem anhand von Keramiken teilen Archäologen die Hochkultur der Maya in drei Abschnitte ein. Der erste Abschnitt wird als Präklassik bezeichnet, welche bis 250 n.Ch. andauerte. Es folgte die klassische Periode von 250 bis 900 n.Ch., zeitgleich zerfiel in Europa das Römische Reich. Der letzte Abschnitt wird als Postklassik bezeichnet und endet mit der spanischen Eroberung Guatemalas 1524.
Die antiken Maya gelten als eine der höchstentwickelten Kulturen ihrer Zeit. Sie errichteten Handelsrouten zwischen den verschiedenen Mayareichen und zu anderen Völkern, z.B. zu Teotihuacan. Die mächtigsten Mayastädte waren Tikal, Calakmul, Caracol, Uaxactún, Yaxhá, Chichen Itzá, El Mirador, Nakbe, Copán, Palenque, Yaxchilán, und Kaminaljuyú. Diese Städte waren Zentren religiöser Zeremonien sowie des Handels. Bedeutende Handelsgüter waren Jade, Obsidian, Quetzalfedern und Liquidamberharz aus dem Hochland, Muscheln, Fisch und Salz von der Küste, sowie Kakao und Arafedern vom tropischen Tiefland. Jede Stadt wurde regiert von einem k'ul ajaw, einem gottgleichen Königpriester, der die Macht von Staat und Religion in sich vereinte.
Typische Bauwerke in den Zentren der antiken Städte waren Plätze, Tempelpyramiden und Ballspielplätze. Diese Strukturen waren Symbole für die natürliche und die religiöse Landschaft der Mayawelt. Pyramiden symbolisierten die heiligen Berge, welche als Wohnorte der Götter betrachtet wurden. Ballspielplätze symbolisierten die Täler zwischen den Bergen, und wurden als Eingang zur Unterwelt verstanden. Die ausgedehnten Plätze symbolisierten Seen, welche als Grenze zwischen der hiesigen Welt und der Unterwelt betrachtet wurden. Diese nachgebildete Landschaft diente als Bühne für Feierlichkeiten und Opferzeremonien (Freidel et al. 1993).
Die einstigen Zentren der Zivilisation wurden nach dem Zerfall der Hochkultur von der Natur zurückerobert und die antiken Bauten vom Regenwald überwuchert. Der Schutzmantel der tropischen Vegetation bewahrte die antiken Kalksteinbauten und Großskulpturen über Jahrhunderte vor der Verwitterung. Diese sind heute wertvolle Zeugnisse, zusammen mit Keramiken, Kleinskulpturen, und schriftlichen Dokumenten, um die Vergangenheit der Maya zu rekonstruieren. Das Schriftsystem der Maya gilt als das umfangreichste der präkolumbischen Kulturen Amerikas. Exakte astronomische Beobachtungen waren Fundament für ein fortschrittliches Kalendersystem. Die Mathematik der Maya umfasste bereits das Konzept der Null. Die Landwirtschaft wurde dominiert vom Mais, welcher noch heute ein Hauptnahrungsmittel ist in Guatemala.
Die späte klassische Periode war gekennzeichnet durch viele Konflikte und kriegerische Auseinandersetzungen zwischen den autonomen Stadtstaaten. Das Mysterium des Zusammenbruchs der Hochkultur im 9. Jh. ist bis heute noch nicht völlig entschlüsselt. Eine Theorie geht davon aus, dass eine unkontrollierte Landnutzung, ausgedehnte mehrjährige Dürreperioden, Überbevölkerung, Krankheiten, Kriege, Invasionen sowie die Unterbrechung von Handelsrouten die notwendigen Ressourcen für die Unterhaltung einer großen Bevölkerung dezimierten, was zu ihrem Kollaps führte. Es ist belegt, dass die Zentren der klassischen Periode in dieser Zeit verwaisten und die Bevölkerung stark abnahm. In der Postklassik waren nur noch kleinere Städte im Zentralpetén bewohnt. Die bedeutendsten dieser Orte waren Tayasal, am Petén Itzá See und Topoxté am Yaxhá See.
Die Macht der Maya über weite Teile des nördlichen Mittelamerikas endete mit der Eroberung durch die Spanier. Nach der Eroberung Mexikos drangen spanische Truppen mit verbündeten indianischen Gruppen Mexikos in das Land der Maya vor, und errichteten ihre Städte über den Ruinen der antiken Mayakultur. Die Kolonialära dauerte drei Jahrhunderte. 1524 begann die Eroberung des Landes heute bekannt als Guatemala unter der Führung von Pedro de Alvarado. Er gründete die erste spanische Stadt über den Stadtmauern von Iximché, der ehemaligen Hauptstadt des Maya Cakchiquel Reiches. 1697 wurde das letzte unabhängige Maya-Volk unterworfen, das Reich der Itzá mit ihrer Hauptstadt Tayasal am Petén Itzá See. Tecún Umán, General der Quiché, wurde zum Nationalheld durch seinen starken Wiederstand während der Schlacht gegen Pedro de Alvarado und die spanischen Eindringlinge.
Der Ursprung des Namens Guatemala wird vermutet in den aztekischen Wörtern "Quauhtemallan", was soviel heißt wie 'Ort der vielen Blüten', oder "Guauthemallan" - 'Ort der Bäume'. Der Name wurde vergeben durch die Tlaxcaltecas, welche Pedro de Alvarado während der Eroberung begleiteten.
Naturkatastrophen erzwangen während der Kolonialzeit mehrfach die Verlegung der Hauptstadt. Die heutige Hauptstadt 'Guatemala de la Asunción' wurde 1776 ernannt, nachdem ein starkes Erdbeben die ehemalige Hauptstadt, heute bekannt als Antigua Guatemala, zerstörte. In dieser Zeit wurden Handelsbeziehungen zu Europa ausgebaut und die Katholische Kirche verstärkte ihren Einfluss im ganzen Land. Trotz der Anstrengungen, den katholischen Glauben in der Mayabevölkerung zu etablieren, widmeten sich einige Mitglieder der Kirche, welche die Freundschaft und das Vertrauen der Oberhäupter der Maya genossen, der Konservierung von Maya Kodizes und Chroniken mit historischem und religiösem Hintergrund. Sogar Übersetzungen ins spanische wurden angefertigt.
Im 19. Jh. fanden verschiedenen indianische Rebellionen statt. In diesen Aufständen wurde ein weiterer Volksheld geboren: Anastasio Tzul. Er wurde berühmt durch die Führung eines Aufstandes im Quiché, in der Provinz von Totonicapán im Jahr 1820.
1821 erklärte Guatemala seine Unabhängigkeit von Spanien. Das Land erstreckte sich damals von Chiapas, Mexiko bis nach Costa Rica. 1823 wurde die politische Vereinigung der mittelamerikanischen Staaten als Zentralamerikanische Konförderation gegründet. Die Regierungszentrale war in Guatemala Stadt. 1839 zerfiel die Förderation in die Staaten Guatemala, El Salvador, Honduras, Nicaragua und Costa Rica. Erst im Jahr 1924 wurde eine nationale Währung eingeführt, der Quetzal, benannt nach dem Nationalvogel Guatemalas.
Brandrodungsfeldbau ist seit präkolumbischen Zeiten die verbreitetste Methode des Maisanbaus, Hauptbestandteil guatemaltekischer Nahrung. Während der Kolonialzeit wurden Produkte exportiert, welche ihren Ursprung in den Mayakulturen haben, wie der Kakao oder Carminrot aus Cochenille-Läusen. Im 19. Jh. wurde in starkem Maß der Anbau von Kaffee gefördert. Viele Deutsche wanderten in Guatemala ein und etablierten Kaffeeplantagen. Diese Kaffeefincas sind Quellen einiger der besten Kaffees der Welt, aber auch zunehmender Konflikte zwischen Großgrundbesitzern und der zu Kolonialzeiten enteigneten indianischen Landbevölkerung. Das 20. Jh. begann mit starken Investitionen der United Fruit Company um Bananenplantagen zu errichten. Das Unternehmen unterzeichnete mit dem damaligen Präsidenten Estrada Cabrera einen Vertrag, was zu einem starken Einfluss des Bananengeschäfts auf die Politik Guatemalas führte.
1960 begann ein von der internationalen Öffentlichkeit wenig beachteter Bürgerkrieg, in dem Tausende ums Leben kamen. 1996 wurde die Auseinandersetzung offiziell beendet durch ein Friedensabkommen zwischen der Regierung und der Guerilla. Seit der Unterzeichnung unterliegt die Umsetzung des Abkommens einer Überwachung durch die internationale Gemeinde. Die guatemaltekische Regierung schwankt zwischen starken Intentionen bis hin zu einem scheinbaren Desinteresse zur Ratifizierung des Abkommens. Angesichts dieser Schwankungen ist es für Guatemala noch ein langer Weg bis hin zum Erreichen der Ziele des Friedensabkommens.
Nach den Ergebnissen einer Volkszählung im Jahr 2002 hat Guatemala eine Bevölkerung von ca. 13 Millionen Menschen. Guatemala ist ein multikulturelles Land: 23 Mayagruppen, "Ladinos" gemischter spanischer und Maya-Abstammung, und Minderheiten, wie die Garífunas und die Xinca. Der Anteil der Mayabevölkerung beträgt 60%, welche hauptsächlich das westliche Hochland sowie das Zentrum Guatemalas bewohnen.
Es besteht ein starker Kontrast zwischen den ländlichen Gebieten Guatemalas und den Städten. Die entferntesten Dörfer haben weder elektrischen Strom, Straßen, noch fließendes Wasser. Das Bildungswesen ist in diesen Gebieten stark unterentwickelt. Guatemala ist ein Agrarland, Hauptexportprodukte sind Kardamom, Kaffee, Zucker, Bananen, Schnittblumen und nicht traditionelle Waren wie Macadamianüsse. Der Tourismus stellt ein weiteres wichtiges Standbein der Ökonomie des Landes dar. Guatemala bietet vielfältige und einmalige natürliche und kulturelle Attraktionen.
Eines der traditionsreichsten Ereignisse in Guatemala sind die lokalen Märkte. Sie sind nicht nur Orte des Handels sondern bedeutende Treffpunkte der Kommunikation. Normalerweise werden Märkte nur an einigen Tagen in der Woche abgehalten. Händler aus der gesamten Region treffen sich, bieten ihre Waren an und erstehen die Notwendigkeiten für ihre Familien. Auf größeren Märkten kann man örtliche Produkte und die Trachten von verschiedenen Regionen und ethnischen Gruppen Guatemalas sehen.
Quellen
Freidel, D., L. Schele & J. Parker (1993): Maya cosmos: Three thousand years on a shaman's path. Harpercollins.
Secaira, E. (2000): La conservación de la naturaleza, el pueblo Maya, y la espiritualidad en Guatemala: implicaciones para conservacionistas. PROARCAS/CAPAS/USAID, SUI, FCG, TNC, Guatemala.