Vogelbeobachtung in Mittelamerika
Die Landbrücke zwischen Nord- und Südamerika ist Heimat vieler endemischer Vogelarten und ein Korridor für Millionen von Zugvögeln auf ihrem Weg zwischen nordamerikanischen Brutgebieten und mittel- sowie südamerikanischen Überwinterungsgebieten.
Mittelamerika (Guatemala, Belize, Honduras, El Salvador, Nicaragua, Costa Rica und Panama) hat eine Größe von ca. 530.000 km2 und beherbergt mehr als 1230 Vogelarten. Mittelamerikas Artendichte von 2,3 Vogelarten pro 1000 km2 ist höher als die Artendichte Kolumbiens (1,7 Arten/1000 km2), dem Land mit der weltweit artenreichsten Avifauna. Von den 178 International Bedeutenden Vogelgebieten in Mittelamerika, identifiziert von lokalen Experten und designiert von BirdLife International, unterstützen die meisten eine hohe Anzahl regional endemischer Vogelarten sowie weltweit gefährdeter Arten (aufgeführt in der Roten Liste der IUCN).
Mittelamerika bietet eine hervorragende Einführung in die Vogelwelt der Neotropen. Die Artenzahl in Familien mit schwierig zu bestimmenden Arten wie Baumsteigern und Töpfervögel (Furnariidae), Ameisenvögel (Thamnophilidae) und Tyrannen (Tyrannidae) ist überschaubarer als in Südamerika. Anderseits leben auf der Landbrücke viele endemische Vogelarten. Vor allem die klimatisch kühlen Bergmassive, isoliert von einander durch tropisch heiße Tieflandsgebiete, sind Zentren von Endemismen. Aber auch die Tiefländer beherbergen einige endemische Arten. Der Großteil Mittelamerikas Landfläche ist Teil von eins der sieben Endemischen Vogelgebieten (Endemic Bird Area).
Einige Vogelarten haben sehr kleine Verbreitungsgebiete. Die Cabanistangare (Tangara cabanisi) zum Beispiel besiedelt ein Gebiet von nur 2500 km2 an der pazifischen Gebirgsabdachung Guatemalas und des benachbarten mexikanischen Bundesstaates Chiapas, in der Höhenlage zwischen 800 und 1900 m. Der Goldmanwaldsänger (Setophaga goldmani) ist begrenzt auf ein Gebiet von 4900 km2 im Hochland im westlichen Guatemala und südlichen Chiapas, die Hondurasamazilie (Amazilia luciae) lebt in kleinen, mit Trockenbusch bedeckten Gebieten in Honduras, die Nicaraguagrackel (Quiscalus nicaraguensis) in der Umgebung des Nicaragua-Sees in Nicaragua und im nördlichen Costa Rica, der Schwarzwangenkardinal (Habia atrimaxillaris) im Regenwald der Osa-Halbinsel im südlichen Costa Rica, die Mangrovenamazilie (Amazilia boucardi) entlang der Pazifikküste Costa Ricas, der Bronzekopf-Elvirakolibri (Elvira cupreiceps) im Hochland Costa Ricas, die Ridgwaykotinga (Cotinga ridgwayi) und die Gelbschnabelkotinga (Carpodectes antoniae) in den pazifischen Tiefländern und Gebirgsfüßen des südöstlichen Costa Ricas und südwestlichen Panamas, die Anthrazitbuschammer (Pselliophorus luteoviridis) und die Feuerkehlelfe (Selasphorus ardens) im Hochland des westlichen Panamas, die Panamataube (Leptotila battyi) auf der Insel Coiba nd benachbarten Festlandgebieten Panamas, der Fleckenbrust-Stachelschwanz (Margarornis bellulus), die Schwarzwangen-Grünammer (Chlorospingus inornatus) und die Grünnackentangare (Tangara fucosa) im Darien-Hochland von Panama.
Andere Arten sind weitverbreitet aber endemisch in Mittelamerika und dem südlichen Mexiko, wie zum Beispiel der Brauenmotmot (Eumomota superciliosa) in Trockenbusch, der Quetzal (Pharomachrus mocinno) in Nebelwald, der Zwergmotmot (Hylomanes momotula) in Regenwäldern, die Cabanisdrossel (Turdus plebejus) in Bergwäldern, der Ridgwaykauz (Aegolius ridgwayi) in offenen Wäldern der höchsten Berggipfel, und die Guatemalawachtel (Dendrortyx leucophrys) in Eichen-Kiefernwäldern des Hochlandes.